Für viele Leute ist und war das Blättern in der gedruckten Zeitung am morgentlichen Frühstückstisch ein Muss. Schon seit vielen Jahren lese ich meine Tageszeitung digital – am Epaper. Die gedruckte Zeitung wurde zuerst von meiner Tante gelesen. Da sie ein Spätaufsteher war, bekam ich die Zeitung immer erst, wenn sie sie so gründlich studiert hatte, bis sie sie nicht mehr benötigte. Die Tageszeitung war ihr so heilig, dass sie jungfräulich bleiben musste, so lange sie sie las.
Wehe, es war eine Seite nicht richtig einsortiert oder ein Knick in „ihrer“ Zeitung! Dann wurde sie sehr ungehalten. Sowie es eine elektrische Zeitungsausgabe gab, das sogenannte „E-Paper“, nutzte ich sie. So konnte ich morgens früh auf dem Bildschirm meines Tablets die Zeitung durchwischen, von Anfang an! Das Lesen des E-Papers wurde mir so über ein Jahrzehnt zur Gewohnheit, dass ich morgens gar nicht mehr zum Briefkasten ging, um mir die „gedruckte“ Zeitung zu holen, nachdem ich sie von meiner inzwischen verstorbenen Tante geerbt habe.
Doch seit ein paar Tagen wird auch mir die Zeitung nicht mehr per Zusteller, sondern per Post zugestellt. Und die Post kommt bei mir nie vor Mittag. Da kurz nach der 20 Uhr – Tagesschau schon bei mir das E-Paper vom nächsten Tag zum Download bereit steht, lohnt es sich für mich nun wirklich nicht mehr, eine gedruckte Zeitung zustellen zu lassen. Im Endeffekt dient sie dann nur noch als Altpapier. Ich habe deshalb die Druckausgabe beim Zeitungsvertrieb gekündigt.
Lange habe ich diesen Schritt hin und her überlegt. Schließlich brauche ich die Druckausgabe ja eigentlich schon lange nicht mehr. Aber da ich mich mit meiner Zeitung sehr verbunden fühle, wollte ich noch wissen, ob sie noch geliefert wird oder nicht – Es ist ja bereits bekannt, dass gedruckte Zeitungen aussterben, aus vielerlei Gründen. Immer weniger abonnieren sie. Es gibt immer weniger Zusteller. Nicht nur der Vertrieb wird immer weniger rentabel, auch die Produktion. Papierpreise steigen, die Druck- und Herstellungskosten ebenfalls. Immer mehr Menschen holen sich ihre Informationen über ihr Smartphone. Bei sinkenden Auflagen ist der Tod der gedruckten Presse vorprogrammiert!
Wie geht es weiter, mit der Zeitung? Für mich ändert sich eigentlich zunächst nicht viel. Ich lese sie wie gewohnt weiter, als E-Paper. Doch was machen die anderen, die bislang auf das Blättern am Frühstückstisch nicht verzichten wollen? Die ihre „Gedruckte“ nicht nur lesen, sondern auch knicken, blättern und riechen wollen? Für die das Wischen auf ihrem Tablet zu unromantisch ist? In Zukunft werde ich nicht mehr beobachten, ob die Zeitung noch im Briefkasten gelandet ist sondern ob sie noch als E-Paper auf meinem Tablet erscheint.