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Etikedo: Gendersprache

Gendern 2.0?

Kaum ein anderes Thema polarisiert so wie die Einführung der „Gendersprache“. Da gibt es die fanatischen Befürworter, die uns die „Gendersprache“ in TV-Sendern und im Internet pausenlos aufoktroyieren wollen und die anderen, die die „Gendersprache“ als Angriff unserer nationalen Identität betrachten und sie ebenso fanatisch ablehnen.

Sprache ist zum Schlachtfeld ideologischer Kämpfe geworden. Zugleich ist die Sexualisierung der Sprache soweit fortgeschritten, dass sich Menschen sowohl bei der Verwendung der traditionellen Sprache wie bei der Verwendung von der derzeit verwandten „Gendersprache“ diskriminiert fühlen. Dass sich die Sprache bereits jetzt gewandelt hat und wir an einer Diskussion über eine gemeinsame Sprachregelung nicht mehr vorbei kommen, zeigt das einfache Beispiel, dass heute keine Frau mehr akzeptiert, wenn sie nicht mit einer weiblichen Form bezeichnet wird.

Beispiel: Abteilungsleiter Annemarie Müller. Oder Bundeskanzler Angela Merkel. Hier muss es gendergerecht Bundeskanzlerin heißen! Dabei ist das ursprünglich verwandte generische Maskulinum „Abteilungsleiter“ eigentlich eher für Männer als für Frauen diskriminierend. Denn anders als bei Frauen („Abteilungsleiterin“) gibt es für Männer hier keine eigene eindeutig männliche Bezeichnung. Den Beruf „Abteilungsleiter“, „Polizist“ oder „Arzt“ können Frauen wie Männer oder seit 2018 Diverse ausüben. Mit der Berufsbezeichnung kann, aber muss nicht zwangsläufig, eine männliche Person gemeint sein. Die sexualisierte Aufladung von Berufsbezeichnungen erfolgte erst mit der Gender Bewegung.

Es gibt übrigens nicht nur das generische Maskulinum sondern auch das generische Feminimum, weibliche Bezeichungen, bei denen andere Geschlechter einbezogen werden: Der Polizist, aber die Polizei; die Arbeitskraft; die Bevölkerung; die Biene; die Schaufel, die Belegschaft uvm. Hier findet eindeutig die Diskriminierung von diversen und männlichen Personen statt. Übrigens geschieht dies durch den Artikel der, die, das, die diesen Begriffen ein grammatikalisches Genus zuweisen.

Warum dem Löffel grammatikalisch ein männlicher Genus zugewiesen wurde, bleibt unergründlich. Eigentlich müsste es das Löffel heißen, denn es handelt sich um eine Sache. Mit dem Ersetzen der Artikel „der“, „die“ und „das“ durch einen neutralen, geschlechtsübergreifenden Artikel könnte man das generische Maskulinum oder Feminimum sofort beseitigen. Es wäre dann schon durch das geschlechtsübergreifende Wörtchen klar, dass geschlechtsneutral formuliert wurde.

Vorschläge für Gendern 2.0 gibt es schon länger. Die meisten Vorschläge gehen von einer Grundform von Substantiven aus, die je nach den verschiedenen grammatikalischen Geschlechtern „moviert“, also mit Endungen abgewandelt werden.

Beispiel: Lehrer (Grundform für alle), Lehrerich - männlicher Lehrer, Lehrerin - weibliche Lehrer und Lehrerix - für nonbinäre Lehrer).
Anderes Beispiel: Lehrer (Grundform für alle), Lehreran - männlicher Lehrer, Lehrerin - weibliche Lehrer und Lehreron - für nonbinäre Lehrer).

Ein Lehrer, dessen Geschlechtlichkeit nicht genannt werden soll, könnte übrigens auch weiterhin mit der einfachen Grundform „Lehrer“ bezeichnet werden. Dann ist klar, dass es hier um jemand geht, der / die den Beruf des Lehrers ausübt, dessen / deren Geschlecht aber keine Rolle spielen soll. Diese Sprachregelung würde die Sprache angenehm ent-sexualisieren. Logischer Weise ist bei Begriffen wie Mann oder Frau, die klar auf ein Geschlecht verweisen, keine Movierung notwendig.

Den ersten Vorschlag für eine Reform des Genderns fand ich vor Jahren im Internet unter gendern-ändern.de. Nach einer kurzen Auseinandersetzung mit dem damaligen Betreiber auf Twitter endete die damalige Kommunikation. Mittlerweile ist die Seite eingeschlafen. Möglicherweise wurde sie fortgeführt von http://gendern-zwei-null.de/. Grafisch und inhaltlich ist sie ähnlich gestaltet.

Über eine Diskussion im Sozialen Netzwerk Mastodon entdeckte ich außerdem https://gendern2-0-basisneutral.de/meine-suffixvorschlaege/ und http://cyrilbrosch.net/bl/thesen/geschlechtergerechte-sprache. Alle Seiten zeichnen sich durch unterschiedliche Konzepte aus, bei denen ich zwar gute Ansätze aber kein stimmiges Konzept fand. Vor allem fehlen mir praktische Anwendungen der jeweiligen Konzepte. Ausnahme: Film „Gendern 2.0 Zwanziger Jahre“

Nach meiner Meinung ist die Entwicklung zu einer gendergerechten Sprache nur mit Movierungen von Substantiven allein genauso wenig erreichbar wie nur mit Gender-Sonderzeichen. Die Sprache müsste grundlegend verändert werden:

Weibliche, männliche und nonbinäre Bezeichnungen sollte es nur für Menschen geben, alle anderen Begriffe sollten neutrale Bezeichnungen haben, es sei denn, wenn man ein männliches oder weibliches Tier meint. Bei vielen Tiernamen gibt es bereits eigene Bezeichnungen (Huhn, Hahn, Bulle, Kuh …) Die Artikel „der“, „die“ und „das“ sollten durch einen neutralen Artikel für alle und alles ersetzt werden. Ein solcher Artikel könnte zum Beispiel das aus dem Plattdeutschen stammende „de“ sein, welches in der Einzahl für das männliche und weibliche Geschlecht und im Plural für alle Geschlechter benutzt wird. Quelle: Sass plattd. Grammatik.

Beispiel: De Lehrer sind für de Bildung de Schüler zuständig

Der Artikel „de“ weist auf die geschlechterneutralen Begriffe „Lehrer“, „Bildung“ und Schüler hin.

Die Personalpronomen sollten mit einem Pronom für nichtbinäre Personen ergänzt werden. Das generische Maskulinum sollte gleichermaßen wie das generische Feminimum abgeschafft werden.

Die Diskussion um die Gendersprache leidet unter unter einen ideologischen Grabenkampf. Sie sollte sich aber an den Bedürfnissen der Menschen und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. Sprachwissenschaftler und Politiker könnten von der internationalen Sprache Esperanto profitieren, in der vieles bereits umgesetzt ist.

Nachwort: Vielleicht würden viele Menschen die Sprache wieder auf ihren Urkern zurückführen und die fürchterliche sexuelle Überladung der Sprache verringern. Sie würden dann die Grundform in den meisten Fällen, wenn es nicht ums Geschlecht sondern eine Berufsgruppe oder ein Ereignis geht. Dann würde eine so reformierte Sprache tatsächlich Sinn machen.

Oldenburg steht queer

In #Oldenburg war am Samstag, den 17. Juni 2023, der #ChristopherStreetDay. Ich hatte das gar nicht auf dem Film und wunderte mich, dass in der ganzen Innenstadt ungewohnt viel los war. Da in der Fußgängerzone sehr viele Menschen verkleidet oder mit Taschen, Schals und Flaggen in den Regenbogenfarben liefen, dämmerte mir, dass der Anlass der #CSD in der Huntestadt ist.

Ich war noch nie auf einem CSD in Oldenburg und ließ mich vom Strom der Leute auf den Schlossplatz ziehen. Auf der Bühne sprach gerade ein grauhaariger Mann mittleren Alters. Es stellte sich heraus, dass es sich um den Oldenburger Bürgermeister handelte. Er gab ein Statement für #Vielfalt und #Toleranz ab und sagte der #lbtqi Bewegung seine volle Unterstützung zu. Der Platz war rappelvoll, so dass man meinen könnte, ganz Oldenburg ist lesbisch, schwul, transsexuell, queer oder intersexuell und Menschen, die in klassischen Familien mit Vater, Mutter und Kindern leben, gäbe es in Oldenburg gar nicht mehr. Auf jeden Fall war die Botschaft der LBTQI Bewegung: „Wir sind viele“.

Ich vermute, dass sich auch viele heterosexuelle Menschen der Demo anschlossen, um ein Zeichen der #Solidarität, #Vielfalt und #Toleranz zu geben. Das ist heute ganz modern geworden. Man gibt sich „tolerant“ und „offen“ gegenüber Vielfalt, selbst dann, wenn man sehr intolerant gegenüber anderen Meinungen und Ansichten ist. Zum Beispiel denen gegenüber, die in klassischen bürgerlichen Verhältnissen leben und mit LBTQI nichts am Hut haben, eben jene, die dem bunten Zirkus auf dem CSD lieber aus dem Weg gehen, weil sie ihn ablehnen. Das sind längst nicht immer nur homophobe oder intolerante Menschen. Sondern ganz normale Leute, wie du und ich, die einfach ihre Ruhe haben wollen. Allerdings gilt das für queere Menschen im Alltag nicht weniger. Sie möchten nichts anderes, als so lieben und leben, wie es ihnen gefällt.

In den Reden, die auf der Bühne vorgetragen wurden, klang immer wieder heraus, dass dies leider für queere Menschen oft nicht der Fall ist. Es gibt immer noch viel Hass gegenüber Menschen gibt, die „anders“ als die Mehrheit sind. Immer wieder liest man von Gewalt gegen Schwule oder Lesben. Diejenigen, die andersartige Menschen offen angreifen, geraten aber immer mehr in die Minderheit. Die Vorurteile der meisten Menschen in unserer Gesellschaft sind im täglichen Leben weitaus geringer, als es beschworen wird. Fast jeder Mensch hat in seinem Umfeld Bekannte, Arbeitskollegen oder sogar Familienangehörige, die schwul oder lesbisch sind. Vielfalt ist längst Alltag, dennoch führt sie auch immer mehr zu Unverständnis und Konflikten, die man mit Demonstrationen nicht ändern kann. Denn diejenigen, die man eigentlich erreichen möchte, kommen nicht zu einem CSD.

Die LBTQI-Szene hat in unserer Gesellschaft allerdings schon eine große Relevanz. Auf CSD-Veranstaltungen buhlen Gewerkschaften soziale Einrichtungen und alle Parteien (außer der #NoAfD) um Interesse bei den Bürgern, um Mitglieder, Wählerinnen und Wähler. Selbst die #CDU Oldenburg war mit einem Stand vertreten, ich fragte einen CDU‘ler, der einen orangefarbenen Hut trug, wie er denn zur #Gendersprache steht. Vorsitzender Merz hatte sich vor kurzen noch klar dagegen positioniert und auch der lokale CDU-Mann sagte, dass die Gendersprache keinesfalls in Bildungseinrichtungen und Behörden vorgeschrieben werden dürfe. Hier sei eine klare Grenze, die die CDU ziehe, sagte er. Ansonsten stehe auch die CDU für Vielfalt und Toleranz. Dass die LBTQI-Bewegung auch in der CDU bereits eine machtvolle Stellung hat, sieht man an den vielen prominenten und weniger prominenten CDU-Leuten in Führungspositionen. Ein Geschmäckle hatte die „Samenspende“ der CDU, eine Tüte Blumensaat, die die CDU-ler auf dem CSD in Oldenburg verteilten. Ein wenig schmunzeln muss ich schon darüber.

Info-Material und Aufkleber, die auf dem CSD verteilt wurden, unter anderem auch die CDU Samenspende.

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