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Etikedo: Digitalisierung

Der Digitalzwang schreitet zügig voran

Führerschein und Personalausweis gibt es irgendwann nur noch auf dem Handy. Zahlen kann man irgendwann nur noch mit dem Handy, da auch die Kreditkarte nur noch als App, nicht mehr als Chipkarte gibt. Die BahnCard gibt es schon jetzt nur noch in der App. Auch Online-Banking funktioniert bald vielleicht nur noch mit einem Mobilgerät. Die Geldautomaten verschwinden immer öfter oder die Banken zwingen ihre Kunden, möglichst nur noch digital zu überweisen oder zu bezahlen. Die Filiale vor Ort wird auf Dauer abgeschafft. Die Zeitung taz hat ihre Druckausgabe schon komplett eingestellt, in wenigen Jahren wird es keine gedruckte Zeitung mehr geben.

Die Zeichen stehen immer mehr auf „Digital“. Gestern erzählte mir jemand, dass er seine Kreditkarte als Zahlungsmittel bei einem großen Onlinehändler nicht mehr einrichten konnte, weil das nur noch geht, wenn die Banking App auf dem Handy installiert ist. Das bedeutet, das Online Shopping nur noch mit mobilen Geräten auf Dauer möglich sein wird, mit denen dann eine Zahlung freigegeben wird.

Die Deutsche Bahn digitalisiert ihren Vertrieb immer mehr. Gestern stellte ich fest, dass einige Tickets nur noch mit der App nutzbar sind. Damit werden alle von der Nutzung der Bahn ausgeschlossen, die kein Handy nutzen können oder die Bahn App nicht nutzen wollen. Bei der Bahn ist man ohne Handy und Bahn App längst aufgeschmissen. Änderungen des Reiseverlaufs, plötzliche Zugausfälle oder Verspätungen werden teilweise ausschließlich per App mitgeteilt. Bestimmte Rabatte und Angebote gibt es nur für Kunden, die mit der App fahren. Das trifft vor allem die älteren Stammkunden der Bahn, die mit der Digitalisierung nicht zurecht kommen, aber auf die Bahn angewiesen sind, um mobil sein zu können.

Tickets, die nur noch per App genutzt werden können. Selbst ein Ausdruck geht nicht mehr.

Auch im stationären Handel wird die Digitalisierung schon lange voran getrieben. Jeder Supermarkt hat schon seine eigene App. Sonderangebote gibt es demnächst nur noch per Einkaufs-App. Der Haken daran: Die Bahn, die Online-Händler und der stationäre Handel durchleuchten ihre Kunden mit den Apps auf Schritt und Tritt. Jeder ein Kauf wird in dem Kundenkonto erfasst. Die Konzerne wissen genau, wer ihr Kunde ist und was er kauft.

Wer nicht mit macht, wird zunehmend ausgegrenzt. Big Brother ist watching you – der große Bruder überwacht dich. Dieser George Orwell Satz ist längst traurige Realität geworden. Wer sich dieser schönen digitalen Überwachungswelt entziehen will, wird zunehmend ausgegrenzt.

Parkautomaten in Cloppenburg abgebaut

Heute war ich am Parkplatz an der Bürgermeister-Winkler-Straße in Cloppenburg. Ein Mann, der dort parken wollte, suchte verzweifelt den Parkautomaten. Überall gab es Schilder „Parken Sie per App!“ Nur Parkautomaten gab es keine mehr.

Ich half dem Mann, einen Automaten zu finden, nur an den Stellen, wo sie sich eigentlich befanden, waren sie abgebaut. An Stelle der Automaten waren nur noch abgeschnittene Kabel am Boden zu sehen.

Abgebauter Parkautomat

Der Mann war ziemlich verärgert. Geht Parken in Cloppenburg nur noch per App? Es gab kein Schild, welches die Bürger aufklärte, ob die Automaten nur kurzfristig oder dauerhaft entfernt wurden. Am einzigen Automaten an der Straße hing ein Schild defekt und ein kleiner Hinweis „Parkscheibe reinlegen“.

Schafft Cloppenburg die Parkautomaten komplett ab? Wahrscheinlich nicht. Aber möglich wäre es durchaus, dass die Städte die Parkgebühren bald nur noch digital einziehen. Das würde für sie eine erhebliche Kosteneinsparung bedeuten. Die Wartung der Automaten würde entfallen. Für die Bürger würde es aber ein weiteres Beispiel des Digitalzwangs sein. Ohne Handyapp und personalisierte Abrechnung der Dienstleistung könnte man dann diese Parkplätze nicht mehr nutzen. Dritte Firmen hätten aber damit die Möglichkeit, die Nutzungsdaten (Parkdauer, Standort, Häufigkeit und Nutzer der App) auszuwerten und zu vermarkten. Es wäre ein weiterer Schritt zum gläsernen Bürger.

Eine Frau, die sich ebenfalls über die fehlenden Automaten ärgerte, brachte es auf dem Punkt. „Sie schaffen bald auch das Bargeld ab, weil die alles wissen wollen.“

Wie reklamiert man eine Barzahlung an einer Supermarktkasse?

Situation: Man geht in den Supermarkt, kauft dort Waren im Wert von weniger als 10 Euro ein und bezahlt an der Kasse mit einem 50 Euro-Schein. Man sagt noch beim Geben des Geldscheins, dass man 50 Euro gegeben hat. Die Kassiererin reagiert nicht und zahlt nur die Restsumme auf 10 Euro zurück. Bei der Reklamation bestreitet sie, 50 Euro erhalten zu haben. Sie behauptet, nur 10 Euro erhalten zu haben. Da sie, entgegen früherer Kassiererregeln den Geldschein schon in die Kasse gelegt hat, ist ein Beweis nicht mehr möglich.

Während man eine digitale Zahlung jederzeit kontrollieren kann, ist eine Barzahlung so nicht mehr für den Kunden kontrollierbar. Bei jeder Kartenzahlung wird der Zahlungsbetrag eindeutig gespeichert und kann auch im Nachherein reklamiert werden. Sobald man einen Geldschein in die Hand der Kassiererin legt, muss man ihr vertrauen, dass sie das Rückgeld ordnungsgemäß zurück gibt.

Früher wurde darauf Wert gelegt, Kassenvorgänge klar und deutlich abzuwickeln. Die Kassiererin nennt die Gesamtsumme, der Kunde bezahlt, die Kassiererin bestätigt das empfangene Geld und legt den Schein neben der Kasse. Erst wenn der Kunde das Restgeld akzeptiert, legt sie den Schein in die Kasse. Dies ist leider schon lange nicht mehr der Fall. Barzahlung an der Supermarktkasse ist mittlerweile eine Vertrauenssache geworden.

Digitale Bezahlung ist heute längst sicherer als Barzahlung geworden. Dies ist aber auch im Interesse der Konzerne. Die Kunden sollen auf digitale Bezahlung, im optimalen Fall sogar auf Zahlung mit einer Kundenkarte oder sogar App wechseln. Die Zahlung wird dann direkt digital belastet. Die Konzerne sammeln Kundendaten und sparen zugleich dabei Kosten. Außerdem sind digitale Zahlungen auch aus Sicht der Konzerne sicherer. Denn Kassierer können auch zu Lasten der Konzerne „falsch“ kassieren und viel Bargeld bedeutet für Einzelhändler auch hohen Aufwand an Sicherheitsmaßnahmen.

Meine erstes Rendevouz mit der Packstation

Ich habe es schon oft misstrauisch beäugt. Der monströse gelbe Kasten am Supermarkt meines Lieblingsdorfes. Es handelt sich um die Packstation. Bislang blieb ich davon verschont.

Postbote Jupp brachte mir früher jeden Brief und jedes Päckchen in den Laden. Oft hatten wir noch Zeit für einen persönlichen kleinen Schnack. Aber persönlicher Service wurde groß geschrieben. Schon lange habe ich keinen Laden mehr. Und auch den Service der Post gibt es nicht mehr. Bislang klappte es aber, meine Pakete persönlich an der Haustür in Empfang zu nehmen. Selten gaben die Paketdienste die Sendungen auch beim Nachbarn ab. Heute lag nur ein schnöder gelber Zettel im Briefkasten, der mir mitteilte, dass ich mir die Mühe machen muss, mein Paket selbst aus dem mysteriösen gelben Kasten heraus zu holen.

Dafür gibt es bei der Post derzeit noch zwei Möglichkeiten. Bei einer Packstation mit Bildschirm kann man einen Code, der auf der Benachrichtigung steht, an der Packstation scannen lassen lassen, dann öffnet sich das Fach, in dem das Paket liegt. Zum Glück ist in meinem Dorf eine Packstation, bei der das so funktioniert.

Bei Packstationen ohne Bildschirm kann man das Packetfach nur noch über eine App öffnen. Dann wird es kompliziert! Demnächst dürfte diese Lösung wohl flächendeckend üblich werden.

Für technisch nicht so versierte Menschen ist es in beiden Fällen schwierig, an ihr Paket zu kommen. Schon das Einscannen ist nicht ganz einfach. Man muss den Code an ein ganz kleines Fenster halten. Ich habe dies mehrmals gemacht. Danach muss man am Bildschirm seinen Namen eintippen und mit dem Finger unterschreiben. Wer das nicht schafft, muss auf sein Paket verzichten.

Demnächst wird es ohne App wohl gar nicht mehr funktionieren. Guter Service sah mal anders aus. Damals, als Jupp das Paket noch persönlich überreichte. Und notfalls auch ein zweites Mal klingelte, wenn man gerade nicht im Haus war.

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